2015/11 Hamburger Wochenblatt: Helfer aus der Litzowstraße im Wochenblattporträt Alexander Weil

Netzwerk mit 300 Unterstützern

Wandsbek Viele freiwillige Helfer engagieren sich seit Monaten für Flüchtlinge. Ob Patenschaft für eine Familie, Hausaufgabenbetreuung oder die Durchführung von Exkursionen – schnell haben sich rund um Hamburgs Flüchtlingsunterkünfte Unterstützerkreise gebildet. So geschah es auch in Wandsbek in der Containerunterkunft in der Litzowstraße. Seit Ende 2013 besteht das Netzwerk, der in diesem Jahr mit dem Preis der Hamburger BürgerStiftung ausgezeichnet wurde.
Mittlerweile ist der Unterstützerkreis auf nahezu 300 Personen angewachsen. Die Koordinierung von Freiwilligen, die konkreten Hilfsangebote in der Unterkunft sowie die Akquise zur Deckung von Finanzbedarfen: die Arbeit im Netzwerk stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen, bietet jedoch viele Chancen für die Gemeinschaft sowie für jeden Einzelnen. Einer der maßgeblichen Initiatoren dieses Kreises ist Alexander Weil, Vorstandsmitglied im Kulturzentrum e.V., dem Trägerverein des Wandsbeker Kulturschlosses.
Die größte Herausforderung, so Weil, sei der sensible Umgang mit den Menschen in den Unterkünften. Auf welche Weise können Schwellen der zum Teil schwer traumatisierten Flüchtlinge abgebaut werden, damit sie den Hilfsangeboten offen gegenüber stehen. Kultur spielt dabei eine große Rolle. So fand im Februar der Themenmonat „Flucht und Asyl“ statt. Das Improvisationstheater „Kaleidoskop“ erarbeitete dafür mit Bewohnern der Flüchtlingsunterkunft Litzowstraße kleine Theaterstücke und eine Ausstellung im Kulturschloss brachte den Besuchern in einer Fotodokumentation die Wohnverhältnisse in den Containern näher.
Vor große Aufgaben sieht sich auch der Koordinationskreis des Netzwerkes gestellt. Dieser muss den personellen und sachlichen Bedarf in der Einrichtung erkennen und mit den passenden Angeboten und Fähigkeiten der großen Zahl von Freiwilligen vernetzen. „Wir möchten ja, dass viele Ehrenamtliche lange dabei bleiben und nicht frustriert werden“, so Weil. Daher finden zum einen Workshops statt, die die Ziele und Projekte der Flüchtlingsarbeit konkretisieren, zum anderen gibt es einen HelferInnen-Stammtisch, wo die Möglichkeit zum Austausch besteht.
Über den positiven Synergieeffekt des Netzwerkes sagt der 62-jährige erfreut: „Es verbinden sich Menschen im Stadtteil und arbeiten zusammen, die sich vorher nicht kannten oder wahrgenommen haben“. In unmittelbarer Nachbarschaft könne ein Beitrag dazu geleistet werden, dass die Schere zwischen arm und reich nicht noch weiter auseinander gehe.
„Die Arbeit im Kreis geht weit über das rein Karitative hinaus“, betont Alexander Weil. Wichtig sei es den Akteuren des Netzwerks, die politischen Hintergründe von Flucht nicht aus den Augen zu verlieren. „Unsere Weltwirtschaftsordnung hat zu den jetzigen Verhältnissen maßgeblich beigetragen. Dass die Menschen in den betreffenden Ländern jetzt nach einem besseren Leben suchen, kann man keinem zum Vorwurf machen“, meint der Sozialpädagoge. Weil hofft, dass sich das Klima der Hilfsbereitschaft noch lange hält und „sich immer mehr Menschen verantwortlich fühlen, was in ihrem unmittelbaren Umfeld passiert.“ (kin)